Die Buchhandlung war bis weit über den letzten Platz hinaus gefüllt – mit Stammkunden, aber auch mit Syrern, so dass ins Arabische übersetzt werden musste.

Genau wie am 10. März in der Buchhandlung Neusser Straße in Köln, wo wir erstmals zu “Begegnungsort Buchhandlung” eingeladen hatten, übernahmen auch an diesem Dienstagabend in Bonn Larissa Bender und Abdul-Rahman Alawi die Übersetzung aus und ins Arabische, damit alle Gäste dem Gespräch folgen konnten. Es ging wieder gut los mit dem Bericht von Heike Thelen, der Buchhändlerin aus Köln, die im August 2015 einen 14jährigen afghanischen Jungen bei sich aufgenommen hat. Sie erklärte, welche bürokratischen Hürde zu überwinden sind, gab aber auch ein sehr positives Bild vom Zusammenleben mit einem Jungen, der anfangs kein Wort einer Sprache konnte, die sie verstanden hätte. Man verständigte sich mit Zeichensprache, ab und an kam ein Übersetzer. Es gibt viele unbegleitete Jugendliche, denen die Aufnahme in eine Familie weiterhelfen würde, die Jugendämter sind dafür zuständig.
Abdul-Rahman Alawi erklärte anschließend, weshalb er ausschließlich Literatur von arabischen Frauen verlegt. Es geht ihm um die Innensicht der arabischen Gesellschaften, die er in diesen Romanen am besten vermittelt sieht. Wer sich dafür interessiert, wie die Menschen, die hierherkommen ticken, findet die Antwort in den Büchern des Alawi-Verlags. Zu Syrien besonders in denen von Rosa Yassin Hassan, die heute in Hamburg lebt und sicher bald in der Buchhandlung am Paulusplatz lesen wird.
Larissa Bender sprach über ihre Übersetzungen und die Bücher zu Syrien, die sie herausgegeben hat. Auch sie sieht den wesentlichen Zugang zum Verständnis der Ereignisse in der Literatur. Der von ihr herausgegebene Sammelband »Innenansichten aus Syrien« versammelt Texte syrischer Autoren und Aurorinnen, die sich mit der Lage im Land, den inneren Befindlichkeiten, den Traumata und der Gewalt beschäftigen. Unter den AutorInnen ist auch Rosa Yassin Hassan.
Dinan Hesso las die erste Erzählung aus dem Buch ihres Vaters Niroz Malek: »Le promeneur d’Alep« (»Der Spaziergänger von Aleppo«). Ich hatte zuvor die Übersetzung seines Textes aus dem Französischen gelesen. Es geht darin um die Frage, weshalb der Autor Aleppo trotz des Krieges nicht verlassen kann, weil er nämlich seine Seele zurücklassen müsste. Ein ergreifender Text, den Dinan Hesso nicht ohne Stocken vortragen konnte. Sie sprach im Anschluss über ihren Vater, mit dem sie nur Kontakt hat, wenn das Internet in Aleppo gerade mal funktioniert. Das Buch wird von Larissa Bender aus dem Arabischen übersetzt werden und Anfang 2017 bei uns im Weidle Verlag erscheinen. Dies ist übrigens ein Ergebnis des letzten Begegnungs-Abends bei Dorothee Junck in Köln. Nach der Veranstaltung wurde in der Buchhandlung am Paulusplatz bei einem Glas Sekt der Übersetzervertrag unterschrieben.
Den Schlusspunkt bildete Nyazi Bakki, Ehemann von Dinan Hesso, ein syrischer Dokumentarfilmer, der schon seit einigen Jahren an einem Film über den vom IS verschleppten Jesuitenpater Paolo Dall’Oglio arbeitet. Er hatte noch einige Stunden mit dem Pater drehen können, bevor er verschleppt wurde, es sind sicher die letzten Aufnahmen dieses mutigen Mannes, über den auch Navid Kermani in seiner Friedenspreisrede 2015 ausführlich gesprochen hat. Es wäre wichtig Sponsoren zu finden, damit der Film fertiggestellt werden kann.